Emissionshandel macht Müll jetzt teurer
Seit Jahresbeginn wirkt sich der CO₂-Preis auf Deutschlands Müllgebühren aus. Abfallentsorger geben die daraus resultierenden Mehrkosten direkt an ihre Kunden weiter.
Für die Verbrennung von Kohle ging es mit der CO₂-Bepreisung vor gut einem Jahr los. Mit Anfang 2024 folgte die Abfallverbrennung, da seit Jahreswechsel auch Müllverbrennungsanlagen in den Emissionshandel integriert sind. Das wirkt sich auf die Gebühren aus und beschert den Kunden teilweise recht deutliche Preissteigerungen.
Nun müssen auch Betreiber von Verbrennungsanlagen pro Tonne CO₂ 40 Euro im nationalen Emissionshandel entrichten. Die Kosten dafür lassen sich in den meisten Fällen nicht über den Energieverkauf hereinbringen. Wer konkurrenzfähig bleiben will, muss daher mit einer Erhöhung der Müllgebühren auf die geänderte Gesetzeslage reagieren.
Erhöhungen bei 60 Prozent der Entsorger
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hat sich unter seinen Mitgliedern umgehört. Fast zwei Drittel der Befragten wollen die durch die neuen Bestimmungen anfallenden Mehrkosten an die Endverbraucher weitergeben. Demnach wird allein die CO₂-Bepreisung durch das Brennstoffemissionshandelsgesetz 2024 die Müllgebühren um drei bis vier Prozent verteuern. Für einen vierköpfigen Haushalt ergeben sich dadurch durchschnittliche Zusatzkosten von 22,30 Euro pro Jahr.
Ist die neue Abgabe wirklich effektiv?
Experten der VKU zweifeln an der Effektivität der neuen Abgabe und ihrer Lenkwirkung hinsichtlich der Reduktion von CO₂-Emissionen. Ein wichtiger Kritikpunkt ist, dass die Abgabe nicht auf die Verbraucher, sondern auf die Nutzung der Energie abziele. Die Wurzel des Übels der zu hohen Emissionen liege demnach in der Abfallverbrennung der Kunststoffindustrie. Ein berechtigter Einwand, schließlich stammt laut VKU der Löwenanteil der fossilen CO₂-Emissionen aus nicht wiederverwendbaren Kunststoffverpackungen. Die daraus resultierenden Kosten müssten dennoch allein die Endverbraucher tragen, kritisiert der VKU.
Tatsächlich fallen beim Verbrennen von organischen Substanzen wie etwa Bioabfällen und dem daraus entstehenden CO₂-Ausstoß keine Steuern an. Ausschlaggebend für die Abgabenlast sind die Kunststoffe, die die Abfälle enthalten. Ob die dadurch erwartete Verringerung der thermischen Entsorgung von Plastikabfällen wirklich eintritt, wird sich erst zeigen. Die Effekte würden dann greifen, wenn weniger Kunststoffprodukte konsumiert werden und es mit der Trennung der Verpackungen bei privaten und gewerblichen Anwendern besser klappt. Doch auch gegenteilige Effekte sind möglich, wenn dadurch die illegale Entsorgung von Kunststoffmüll zunimmt. Das gilt auch für den schon heute problematischen Export dieser Abfälle in Drittländern, in denen die Entsorgungswege weniger restriktiv als in Deutschland geregelt sind.
Vermeidung statt Verbrennen
Gänzlich neue Impulse werden die für 2025 geplanten EU-Regelungen für Verpackungen und deren Entsorgung (PPWR - Packaging & Packaging Waste Regulation) bringen. Die neue Verpackungsverordnung nimmt Unternehmen in die Pflicht, künftig einen bestimmten Anteil ihrer Produktion in Verpackungen anzubieten, die wiederverwendbar sind. Das inkludiert das Verbot von bestimmten Einwegverpackungen, was insbesondere die Hotellerie und Gastronomie sowie die Lebensmittelindustrie trifft. Für Aludosen und Kunststoffflaschen ist EU-weit ein verpflichtendes Pfandsystem geplant.
Das neue Regelwerk soll zudem Mehrwegsysteme attraktiver als das Recycling machen. Betroffen sind nicht nur Unternehmen, die in der EU ansässig sind, sondern alle Produzenten, die in die EU Verpackungen importieren. Die PPWR-Regeln werden alle bislang unterschiedlichen Bestimmungen in den einzelnen EU-Mitgliedsstaaten ersetzen.
Weitreichende Änderungen sorgen für Unruhe
Die geplanten Bestimmungen sorgen in vielen Branchen für Unruhe, da die vorgeschriebenen Mehrwegquoten sehr weitreichend sind. So müssen etwa Fast-Food-Anbieter und Restaurants ihren Kunden die Möglichkeit bieten, ihre eigenen Mehrweg-Behälter zu verwenden. Das ursprünglich geplante Verbot von Tütchen für Salz, Pfeffer, Zucker und Süßstoff in der Gastronomie und Hotellerie wird jedoch nicht kommen. Allerdings sind Restriktionen für den Einsatz von kleinen Shampooflaschen in Beherbergungsbetrieben vorgesehen.
Die sehr umstrittene Mehrweg-Angebotspflicht für Handelsbetriebe wird zwar voraussichtlich nicht in Kraft treten. Diese müssen jedoch verpflichtend für Einweg-Getränkepackungen eine Recyclingquote von 85 Prozent nachweisen. Das dürfte in Deutschland kein Problem sein, wird viele andere EU-Länder aber vor große Herausforderungen stellen.
Auch der Onlinehandel muss sich auf so manche Hürde einstellen. Hier wird vermutlich ein beträchtlicher Teil der Lieferungen in wiederverwendbaren Boxen erfolgen müssen. Länder, die bereits jetzt hohe Recyclingquoten haben, wird das laut EU-Parlament jedoch weniger stark treffen. Das Verkaufsverbot für leichte Tragetaschen aus Plastik wird ebenfalls EU-weit kommen. Das Plastikverbot betrifft jedoch nicht eingeschweißtes Gemüse wie etwa Gurken.
Noch sind die neuen Verpackungsregeln nicht in trockenen Tüchern. Die endgültige Fassung wird bis Ende 2024 feststehen, die Umsetzung dann voraussichtlich 2025 starten. Bis es so weit ist, bleibt die alte, aus dem Jahr 1994 stammende EU-Richtlinie in Kraft. So darf etwa der Schoko-Osterhase derzeit noch sein Schleifchen mit Glocke tragen. Ob er das auch in Zukunft tun darf oder aus Gründen des Klimaschutzes darauf verzichten muss, steht noch in den Sternen.