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Gewerbeabfallverordnung: kritische Stimmen mehren sich

 

Die Gewerbeabfallverordnung sieht in Kern vor, dass noch fleißiger getrennt, sortiert und wiederverwertet wird. Die Verordnung ist seit 2017 in Kraft. Mittlerweile mehren sich kritische Stimmen rund um das Regelwerk.

Sie hat Gewerbebetrieben einige Umstellungen abverlangt: Die neue Gewerbeabfallverordnung, kurz GewAbfV, beinhaltet eine noch stärkere Abfalltrennung und satte Bußgelder in der Höhe von bis zu 100.000 Euro. Besitzer und Erzeuger von gewerblichen Siedlungsabfällen müssen seit 2017 auch Textilien, Holz und weitere Abfälle getrennt halten. Die Verordnung sieht zudem eine detaillierte Dokumentation vor, die belegt, wie die getrennte Sammlung und ordnungsgemäße Entsorgung von Gewerbemüll in der Praxis ablaufen. Auch für Bau- und Abbruchabfälle gibt es seit 2017 verschärfte Regelungen, die zusätzlich das getrennte Sammeln von Dämmmaterial, Holz, Baustoffen auf Gipsbasis und Bitumengemischen vorschreiben. Die detaillierte Dokumentationspflicht gilt ebenfalls für diese Stoffgruppen. Gemische dürfen generell nur mehr in begründeten Ausnahmefällen gesammelt werden. Eine energetische Abfallverwertung ist nur dann erlaubt, wenn eine Rückführung in den Stoffkreislauf wirtschaftlich nicht zumutbar oder technisch nicht machbar ist.

Schwächen bei der Umsetzung

Soweit die neuen Verordnungen und großen Pläne, im Gewerbebereich die Kreislaufwirtschaft in Schwung zu bringen. Doch rund vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Gewerbeabfallverordnung zeigt sich, dass es beim Vollzug der Vorgaben nur schleppend vorangeht. Das bemängelt etwa die DGAW, die Deutsche Gesellschaft für Abfallwirtschaft. Die <LINK 37 - "internal-link" "Opens internal link in current window">Abfalllast</link> scheint sich einseitig aufseiten der Entsorger und kaum auf die Erzeuger zu konzentrieren, wird bemängelt. Zudem wird kritisiert, dass der Gesetzgeber auch bei Gewerbeabfällen zu stark auf immer noch höhere Recyclingquoten achtet, ohne gleichzeitig die Nachfrage nach Rezyklaten zu stärken. Dieser Kritikpunkt wird vielfach in der Praxis bestätigt. Tatsächlich bildet sich nur dort eine stabile Nachfrage, wo auch ein entsprechendes Angebot vorhanden ist.

Zu lasche Kontrollen

Auch die Kontrollen werden häufig als unzureichend eingestuft, wie etwa der BDE Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft e.V. bemängelt. Er weist besonders darauf hin, wie wichtig es ist, die Gewerbeabfallverordnung tatsächlich bundesweit flächendeckend zu vollziehen. Im Prinzip geht es darum, dass es auch bei kleinen und mittleren Gewerbebetrieben mit der Abfalltrennung so funktioniert wie in der Industrie oder in Privathaushalten. Die Behörden würden die Trennung aber in der Praxis nur unzureichend oder zu punktuell kontrollieren, was schwarzen Schafen Vorteile verschaffe.

Schwammige Formulierungen

Die Gewerbeabfallverordnung ist zudem nach wie vor wegen ihrer oft als schwammig empfundenen Formulierungen in der Kritik. Ausnahmen sind mitunter schwer verständlich und nachvollziehbar. Was „wirtschaftlich zumutbar“ und „technisch unmöglich“ ist, erscheint oft allzu nebulös. Hier mehren sich die Forderungen, dass diese Begriffe besser und genauer definiert werden sollen. Wer sich mit dem Argument von Mehrkosten seinen Pflichten zur Abfalltrennung entzieht, verschafft sich Vorteile auf Kosten jener, die diese Ausnahme nicht für sich in Anspruch nehmen. Daher gibt es Rufe nach einer regelmäßigen Meldepflicht dieser Ausnahmegründe an die Vollzugs- und Kontrollbehörden. Zudem, so Kritiker des Gesetzeswerks, brauche es mehr Kapazitäten der Behörden in den Städten, Kreisen und Bundesländern, um die Einhaltung der Vorschriften ausreichend zu kontrollieren.

Anlagen zur Vorbehandlung nicht ausgelastet

Die Bundesvereinigung Umwelt-Audit e.V. bemängelt die Folgen der mangelhaften Überwachung der Gewerbeabfallverordnung. Demnach hätten viele Anlagen im zweistelligen Millionenbereich investiert, um gemischte Gewerbeabfälle entsprechend den Vorgaben des Gesetzgebers vorbehandeln zu können. Das hat sich offenbar kaum bezahlt gemacht. Viele Anlagenbetreiber klagen über eine mangelnde Auslastung oder haben den Betrieb sogar wieder gestoppt. Elf Anlagenbetreiber, die gemeinsam eine Vorbehandlungskapazität von rund 600.000 Tonnen schaffen, sind in der Bundesvereinigung organisiert. Sie fordern nun immer vehementer mehr Transparenz, um schwarze Schafe bei der Entsorgung von Gewerbemüll zu identifizieren. Eine entsprechende Regelung gibt es mittlerweile in Baden-Württemberg, wo eine öffentliche Liste von Anlagenbetreibern aufliegt, die eine der Verordnung entsprechende Genehmigung haben. Das soll für mehr Transparenz sorgen und den Auftraggebern Sicherheit bieten, dass der Abfall ordnungsgemäß behandelt wird.

Zu anspruchsvolle Ziele?

Nicht nur die Art und Weise der Umsetzung der Gewerbeabfallverordnung steht in der Kritik. Auch die angepeilten Ziele der Wiederverwertung werden immer öfter angeprangert. So wird etwa eine Recyclingquote von 30 Prozent von vielen als deutlich zu hoch bewertet. Es mehren sich Forderungen, dass die Bundesregierung, die gemäß Verordnung zur Prüfung verpflichtet ist, ob diese Quote auch realistisch ist, reagiert. Bislang stehen jedoch keine entsprechenden Änderungen im Raum.

Focus auf Entsorgungsbetriebe

Endet die Gewerbeabfallverordnung als zahnloses Konstrukt aus der Ideenwerkstatt praxisferner Bürokraten? Wird sie die Entsorgungssituation ähnlich wie ihre Vorgängerregelung nicht wesentlich verbessern? Diese Fragen und Bedenken werden immer öfter laut. Gelingt der Vollzug, konzentriert sich dieser meist in erster Linie auf die Entsorgungsbetriebe. Die Seite der Erzeuger bleibt hingegen oft ausgeblendet. Das zeigt sich unter anderem in der Verpflichtung von Entsorgungsbetrieben zur Prüfung, ob der Lieferant und Erzeuger von Abfällen die Gewerbeabfallverordnung tatsächlich eingehalten hat. Hier werden Bedenken laut, ob es sich dabei um eine rechtswidrige Situation handelt, die schnellstmöglich repariert werden sollte. Festgeschrieben ist dieser Passus in immissionsschutzrechtlichen Nebenbestimmungen bei der Zulassung von Anlagen.

Schleppende Nachfrage nach Rezyklaten

Auch die schleppende Nachfrage nach Rezyklaten sorgt immer wieder für Unmut. Die Forcierung dieser Nachfrage wird von vielen Experten als zielführender erachtet als die Erhöhung der Recyclingquoten. Hier dreht sich natürlich alles um den Preis. Schließlich ist zum Beispiel neu hergestellter Kunststoff im Einkauf nach wie vor um bis zu 30 Prozent billiger als ein Rezyklat ähnlicher Qualität. Wer bereit ist, diesen Nachteil in Kauf zu nehmen, steht oft vor dem Problem, dass die gewünschten Mengen einfach nicht nur Verfügung stehen. Der Weg, bis Altplastik als etwas Wertvolles angesehen wird, das man nicht so einfach entsorgt, ist also noch weit.

Nachhaltigkeit zahlt sich für Unternehmen aus

Dennoch haben viele Unternehmen schon einiges erreicht bei der nachhaltigen Kreislaufwirtschaft, und zwar nicht nur, weil der Gesetzgeber dies fordert. Oft stehen handfeste wirtschaftliche Vorteile dahinter. Immer mehr Konsumenten legen Wert auf recyclingfähige Verpackungen und ressourcenschonende Produktionsweisen. All das fließt immer öfter in Kaufentscheidungen ein. Nachhaltigkeit und Langlebigkeit werden zunehmend zu einem klaren Wettbewerbsvorteil. Wer seine Produkte zukunftsfit machen möchte, setzt daher zunehmend auf Abfallvermeidung, auf eine bessere Reparaturfähigkeit und auf den sinnvollen Einsatz von Rezyklaten. Dies auch deshalb, weil mittlerweile sogar ein Verbot von Erzeugnissen durch den Gesetzgeber nicht mehr ausgeschlossen scheint, wenn die Vorteile der Kreislaufwirtschaft so gar nicht zum Tragen kommen sollten.