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Große Lücken zwischen Recht und Praxis bei betrieblichen Wertstoffen

Bei der getrennten Sammlung von Wertstoffen gibt es auch mehrere Jahre nach der Novellierung der Gewerbeabfallverordnung noch viel zu tun. Oft mangelt es nicht nur an den nötigen Kontrollen, sondern auch am Basiswissen rund um gewerbliche Abfälle.

Wertstoffe müssen in Unternehmen zwar getrennt gesammelt werden, doch ob und in welchem Umfang das geschieht, wird von den zuständigen Behörden nur unzureichend kontrolliert. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Deutschen Umwelthilfe (DHU). Die Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutzorganisation hat in allen Bundesländern nachgefragt, wie es um die Einhaltung und die Überprüfung der Gewerbeabfallverordnung steht. Die Ergebnisse geben Anlass zur Besorgnis, denn in vielen Ländern existieren nicht einmal Daten, wie oft die getrennte Sammlung von Gewerbeabfällen kontrolliert wird.

In Thüringen, Sachsen-Anhalt, Bayern und Niedersachsen gibt es dazu überhaupt keine und in Berlin nur sehr eingeschränkte Informationen. In vielen Städten wurde die Überprüfung coronabedingt größtenteils eingestellt und noch nicht oder nur teilweise wieder aktiviert. Im Saarland und anderen Bundesländern erfolgt die Kontrolle der getrennten Sammlung vorrangig vom Schreibtisch aus. Auf stichprobenartige Kontrollen vor Ort wird hingegen verzichtet und man verlässt sich ganz auf die Dokumentationen der Betriebe. 


Viele Wertstoffe gehen nach wie vor verloren

Von einer erfolgreichen Praxis der Gewerbeabfallverordnung ist Deutschland also auch Jahre nach der Verabschiedung noch weit entfernt. Das hat Folgen für die Umwelt und auch für jeden einzelnen Betrieb. Die mangelnden Kontrollen führen dazu, dass viele Unternehmen ihre Abfälle nicht ordnungsgemäß trennen und hochwertige Wertstoffe in die Verbrennung kommen. Der Anteil dieser gemischten gewerblichen Abfälle am gesamten Abfallaufkommen ist seit Jahren unverändert hoch. Würden die Kontrollen der Bundesländer funktionieren, wären laut Deutscher Umwelthilfe enorme Einsparungen möglich. Die Experten der DHU schätzen, dass pro Jahr bis zu 1,4 Millionen Tonnen Gemischtabfälle zusätzlich wiederverwertet werden könnten. Das würde eine jährliche Ersparnis von fast 3 Millionen Tonnen CO₂ bringen.

Der Umweltverband fordert daher flächendeckende Kontrollen der Abfallbeseitigung und die konsequente Sanktionierung von Verstößen im gewerblichen Bereich, um eine höhere Recyclingquote zu erreichen. 

 

Wettbewerbsnachteile durch ordnungsgemäße Trennung

Die fehlende Kontrolle der Pflicht zum getrennten Sammeln von Wertstoffen hat noch eine weitere Konsequenz, die kaum diskutiert wird. Wer sich an die Verordnung hält und seine Abfälle ordnungsgemäß trennt, ist gegenüber Betrieben, die dies nicht tun und sich somit einen zusätzlichen Arbeitsaufwand ersparen, wirtschaftlich im Nachteil. 
Wie wichtig regelmäßige Kontrollen sind, wird jedoch nicht in allen Bundesländern verkannt. Positive Ansätze gibt es etwa in Nordrhein-Westfalen oder Mecklenburg-Vorpommern. Auch Schleswig-Holstein, wo Gewerbetreibende seit 2021 deutlich öfter kontrolliert werden, gilt als Vorreiter. In diesen drei Bundesländern gibt es folgerichtig die meisten festgestellten Verstöße gegen die Gewerbeabfallverordnung. Besonders erfolgreich im Sinne des Umweltschutzes agiert Mecklenburg-Vorpommern, wo Kreise und kreisfreie Städte eigene Konzepte für die Überwachung der Trennungspflicht erarbeiten. Am effektivsten agiert Nordrhein-Westfalen mit zahlreichen Kontrollen vor Ort in Verbindung mit sehr konkreten Trennungsvorgaben. 

 

Wer unterliegt eigentlich der Gewerbeabfallverordnung?

Eine fundierte Information ist in allen Bundesländern die Basis dafür, dass es mit dem Recycling von Wertstoffen klappt. Denn oft fehlt es schon an grundsätzlichen Informationen wie etwa dem Wissen, ob man bei seiner Tätigkeit überhaupt unter die Gewerbeabfallverordnung fällt. Tatsächlich ist diese sehr weit gefasst und betrifft jedes Unternehmen. Auch wer nicht zu einer Gewerbeanmeldung verpflichtet ist wie etwa Freiberufler, erzeugt oder besitzt gewerbliche Abfälle und ist zur getrennten Sammlung verpflichtet. Betroffen sind alle Unternehmen, die zum produzierenden Gewerbe zählen oder etwa Handwerksbetriebe. Auch Büros, Verwaltungs-, Pflege- und Bildungseinrichtungen, Arztpraxen und der Einzelhandel müssen die Regelungen erfüllen. Sie alle sind verpflichtet, ihre Abfälle direkt am Ort der Entstehung zu trennen, damit diese effizient recycelt und weiterverarbeitet werden können. 
 

Getrennte Sammlung, Lagerung und Entsorgung

Diese Pflicht zur Trennung betrifft alle Arten von gewerblichen Siedlungsabfällen, wie man sie auch in Privathaushalten findet: Dazu zählen Pappe und Papier, Bioabfälle, Kunststoffe, Metalle, Textilien, Glas und Holz. Die Regelung erfasst zudem alle Bau- und Abbruchabfälle, die beim Gebäuderückbau oder bei Straßenarbeiten anfallen – das reicht von Holz, Metall und Kunststoffen über Glas, Beton, Keramik, Fliesen und Ziegeln bis hin zu Bitumengemischen und Dämmmaterial. Für all diese Abfallarten greift die Pflicht zur getrennten Sammlung, Lagerung und Entsorgung. Zudem ist eine Restmülltonne obligatorisch. Auch die Dokumentation der Entsorgung ist verpflichtend etwa mittels Bildaufnahmen, Lageplänen der Entsorgungseinrichtungen oder durch Liefer- und Wiegescheine. 

Die verschiedenen Sammelbehälter brauchen viel Platz, was gerade für kleine Betriebe oft eine Herausforderung ist. Für diesen Fall sieht der Gesetzgeber Alternativen wie zum Beispiel eine gestaffelte Entsorgung vor. Auch für die Pflicht zur korrekten Trennung selbst sind Ausnahmen vorgesehen, und zwar aus drei Gründen: wenn die Trennung technisch unmöglich ist, wenn sie wirtschaftlich nicht zumutbar ist und wenn die hygienischen Anforderungen dagegen sprechen. Trifft einer dieser Gründe zu, können Betriebe in Einzelfällen von der Getrenntsammlung entbunden werden.