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Immer wichtiger: der Kampf gegen Weltraummüll

Wird der Weltraum zur Müllkippe? Diese provokante Frage hat durchaus einen realen Hintergrund. Immer mehr Schrott kreist um die Erde und die Menge wächst dank ständig neu startender Satelliten kontinuierlich.

Die kommerzielle Nutzung des Alls ist im vollen Gange. So entsteht etwa aktuell im Auftrag der EU ein Projekt mit mehreren Tausend Kleinsatelliten, die die Erde in einer niedrigen Umlaufbahn umkreisen und schnelles Internet ermöglichen sollen. Das weckt vor allem bei Autoherstellern mit Blick auf das autonome Fahren großes Interesse. Das System Starlink von Elon Musk hat bereits rund 2.000 Minisatelliten ins All gebracht. Im Endausbau sollen es rund 12.000 sein, die unter anderem Schiffsbesitzern für satte Monatsgebühren von 5.000 Dollar aufwärts einen Internet-Breitbandzugang bieten sollen. Ein ähnlich großes Netz ist bei Amazon in Planung.


Es wird voll am nächtlichen Himmel

Der Grund für den immer stärkeren Drang ins All liegt nicht nur an der enormen Nachfrage nach der Leistung von Satelliten. Diese werden vor allem immer kleiner und preisgünstiger, was „New Space“ erstmals für mittelständische Unternehmen interessant macht. Der vielversprechende Industriezweig könnte ein Wachstums- und Wohlstandsmotor sein, wäre da nicht ein großes Problem: die zunehmende Vermüllung des Weltraums mit unzähligen Schrottteilen. Rund 36.000 sind groß genug, dass die ESA sie beobachten kann; der enorme Rest ist dafür zu klein, bleibt aber dennoch eine Gefahrenquelle. Treffen diese Kleinteile auf einen Satelliten, wird dieser zerstört und weiterer Schrott entsteht, der wiederum die Gefahr für andere Satelliten erhöht. Die Abfälle kreisen mit einer Geschwindigkeit von über 25.000 Kilometer pro Stunde, sind also Geschosse, die alles, was ihnen in den Weg kommt, in Sekundenbruchteilen durchbohren oder zerfetzen. 

Der Worst Case ist eine Art Kettenreaktion, die schließlich in eine riesige Schrotthalde mündet, die jede Nutzung des Alls und jede Raumfahrt unmöglich macht. Mit unabsehbaren Folgen für wichtige Infrastruktur wie Telefon, Wetterprognosen, Navigation und künftig auch das Internet. 


Weltraummüll hat viele Quellen


Der Weltraumschrott, der schon jetzt besorgniserregende Ausmaße hat, stammt aus verschiedenen Quellen. Vieles kommt von ausrangierten Satelliten bzw. von ihrem ausgestoßenen Treibstoff sowie von Bauteilen aus früheren Missionen. Da jeder Zusammenstoß dieser Teile noch kleinere Teilchen erzeugt, umkreist die Erde mittlerweile ein richtiger Abfallteppich, dem Satelliten treibstoffintensiv ausweichen müssen. 


Die Welt tüftelt an Lösungen


Den Vertretern der verschiedenen Raumfahrtprogramme ist dieses Problem durchaus gewusst. Sie arbeiten intensiv an Lösungen, um den Abfallberg im All zu bewältigen. So sollen Satelliten künftig statt mit einem Feststoffmotor, der Aluminiumoxid-Kugeln freisetzt, mit Flüssigbrennstoff angetrieben werden, der „nur“ Abgase erzeugt. 

Chinesische Wissenschaftler tüfteln an Schleppnetzen, um damit den Weltraumschrott einzufangen. Bei dieser neuen Methode bringt eine Rakete von Typ Langer Marsch 2 eine Art Segel ins Weltall. Es wird aus extrem dünnen Fasern gewebt und bildet eine 25 Quadratmeter große Fläche. Der Weltraumschrott wird damit eingesammelt und verglüht anschließend in der Atmosphäre, sobald die Endstufe der Rakete die stabile Umlaufbahn verlässt. 

Diese Methode ist ein billiges Verfahren für Flugkörper, die sozusagen über eine integrierte Entsorgung verfügen. Die Entsorgung von Weltraumschrott, der bereits vorhanden ist, ist damit allerdings aufwendiger, aber im Vergleich zu anderen Methoden noch am effektivsten. China führt zudem Versuche mit riesigen Lasern durch, mit denen man Weltraumabfälle von der Erde aus beschießen möchte. In den USA arbeitet man an großen, rotierenden Magneten, die die Abfälle im All einsammeln sollen. Dieses Verfahren hat aber Grenzen, da nur wenige Splitter und Trümmer magnetisch sind. Beim Bau von Raketen und Satelliten werden aus Gewichtsgründen vor allem Kunststoffe und Aluminium eingesetzt. 

All diese Methoden bergen zudem Gefahren: Sie eignen sich nicht nur zur Entsorgung, sondern auch als Waffe, um die Umlaufbahn aktiver Satelliten gezielt zu stören. Einen weniger gefährlichen Weg hat die DLR-Raumfahrtagentur beim Satellitenbau für die deutsche Bundesregierung beschritten. So lassen sich etwa Satelliten, die das Ende ihrer Lebensdauer erreicht haben, auf eine niedrigere Flugbahn steuern, wo sie dann abgeschaltet und stillgelegt werden. Nach maximal 25 Jahren treten sie wieder in die Erdatmosphäre ein, was sie verglühen lässt. Diese Entsorgungsvariante ist allerdings nicht so sicher, wie man sich das wünschen würde. Es kann vorkommen, dass ein Satellit einfach kaputt wird oder sich nicht mehr erreichen lässt, bevor er seine letzte Reise Richtung Erde antritt. 


Neue Chancen für Entsorgungs-Start-ups


Einige Start-ups nehmen sich mittlerweile des Problems der Weltraum-Vermüllung an. So kooperiert die Europäische Raumfahrtbehörde ESA etwa mit Clearspace, einem Schweizer Start-up. Dabei soll eine Sonde mit einer Art Tentakelarm kaputte Raketen- oder Satellitenteile greifen und diese in eine niedrigere Erdumlaufbahn bringen. Ein erster Testlauf ist für 2025 geplant. Eine wirklich nachhaltige Lösung des Entsorgungsproblems vom Weltraumschrott würde aber wohl nur ein ratifizierter UN-Vertrag als globale Herangehensweise bringen.