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30 Jahr-Jubiläum Verpackungsgesetze: Resümee und Ausblick

 

Vor 30 Jahren hat die Verpackungsverordnung völlig neue Wege beschritten: Erstmals übernahmen Hersteller die Verantwortung für ihre Verpackungen und für deren recycling- und umweltfreundliche Gestaltung.

Es war eine wahrhaft revolutionäre Neuerung: 1991 trat in Deutschland mit dem „Grünen Punkt“ das sogenannte Duale System in Kraft. Es verpflichtete Hersteller dazu, ihre Verkaufsverpackungen zu entsorgen und sie möglichst wiederverwertbar zu gestalten. Der entsprechende Gesetzestext wurde am 12. Juni 1991 veröffentlicht und war weltweit die erste derartige Regelung. Die Folge war der Aufbau eines getrennten Sammelsystems in Deutschland, das mit gelber Tonne, gelbem Sack und anderen Systemen bis 1993 alle deutschen Haushalte erfasste.

Deutschland als weltweiter Recycling-Vorreiter

Hintergrund war ein Müllproblem, das Deutschlands damaligen Bundesumweltminister, den CDU-Politiker Klaus Töpfer, nach Lösungen suchen ließ. Das Land stöhnte unter wilden Deponien mit teils gefährlichem Müll und unter einem wachsenden Berg von Verpackungsabfällen. Umdenken und ein Ausweg aus der Wegwerfgesellschaft waren daher das Gebot der Stunde.

Das duale System brachte auch für die Verbraucher weitgehende Änderungen, die fortan fleißig ihren Müll trennen mussten. Neben dem Restmüll wanderten die Abfälle nun in den gelben Sack bzw. in die gelbe Tonne sowie in die Papiertonne und in den Glascontainer. Organisiert und abgewickelt wurde das nicht wie bisher von den Kommunen, sondern zusätzlich auch von Entsorgern aus der Privatwirtschaft. Seit der Grüne Punkt 2003 sein Monopol verlor, können Industrie und Handel ihre Verpackungen bei verschiedenen deutschen Unternehmen lizenzieren.

2019 folgt das Verpackungsgesetz

Die Verpackungsverordnung aus 1991 wurde im Jahr 2019 vom Verpackungsgesetz abgelöst. Der Gesetzgeber wollte damit einen Anstieg der Recyclingquoten erzielen. So müssen die dualen Systembetreiber etwa ab 2022 bei Kunststoffen 63 Prozent wiederverwerten. Das ist ein deutlich höherer Anteil als vor dem neuen Verpackungsgesetz, denn hier lag die Recyclingquote bei diesen Produkten lediglich bei rund 36 Prozent.

Problemstelle Müllvermeidung

Die Müllbeseitigung scheint damit auf eine gute Schiene gebracht, doch bei der Müllvermeidung sieht die Bilanz nicht gerade rosig aus. Schließlich sind wir abfallwirtschaftlich erst dann auf dem richtigen Weg, wenn weniger Müll anfällt, doch hier zeigt sich eher das Gegenteil. Der Trend weist deutlich nach oben, was vor allem an veränderten Gewohnheiten der Konsumenten liegt. Fertiggerichte sind ebenso gefragt wie Drinks und Gerichte in der To-Go-Variante. Auch das immer beliebtere Onlineshopping lässt die Müllberge anwachsen. In Zahlen ausgedrückt bedeutete das allein für 2020 einen Berg von 4,3 Millionen Tonnen an Plastikverpackungen laut Auskunft der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen.

Der Handel reagiert mittlerweile auf das Problem und forciert Verwertbarkeit und Reduktion. Große Lebensmitteleinzelhändler haben die Kreislaufwirtschaft als Werbeargument entdeckt. So setzt etwa der Discounter Aldi seit 2018 bei seinen Eigenverpackungen auf weniger Materialeinsatz und auf wiederverwertbare Stoffe. Bis Jahresende 2022 sollen alle Verpackungen der Aldi-Eigenmarken recyclingfähig werden.

Die Deutschen achten immer mehr auf Mülltrennung

Auch die Konsumenten ziehen mit, wenn es um die richtige Mülltrennung geht. Eine aus dem Jahr 2018 stammende Untersuchung des Umweltbundesamtes zeigt, dass die Deutschen zwar immer mehr Müll produzieren, diesen aber auch immer sorgfältiger trennen und damit den Entsorgungsbetrieben eine bessere Verwertung ermöglichen. Tatsächlich gibt es hier beachtliche Fortschritte, die vielen nicht bewusst sind. So lag laut einer aus den 80er Jahren stammenden Hausmüllanalyse der Restmüll damals bei rund 240 Kilogramm pro Jahr und Einwohner. Bis 2018 hat sich dieser Wert mit 128 Kilogramm nahezu halbiert.

Noch gibt es viele Problemzonen

Besonders gut klappt es mit der Mülltrennung in den Vorstädten und auf dem Land. Weit weniger gut sieht es angesichts fehlender sozialer Kontrolle in den Städten aus. In den städtischen Großwohnanlagen fällt pro Bewohner mit 158 Kilogramm am meisten Restmüll an. Auch in vielen Regionen Süddeutschlands zeigen sich große Probleme, wenn es direkt vor Ort keine eigenen Tonnen für die Entsorgung von Kunststoffen gibt. Viele Verpackungen werden nicht in die Wertstoffhöfe gebracht, sondern landen im Restmüll.

Für die Entsorgungsunternehmen des dualen Systems führt das zu großen Herausforderungen. Gelangt wertvolles Material fälschlicherweise in den Restmüll, entgehen ihnen wichtige Verwertungsmöglichkeiten. Auf der anderen Seite muss das, was in der gelben Tonne landet, dort aber nicht hingehört, sortiert und entsorgt werden.

Müllexporte in der Kritik

Unklare Entsorgungswege sind ein weiterer Schwachpunkt. Vor allem Kunststoffabfälle gehen zum Recycling nach Südostasien und dieser Müllexport hat für die lokale Bevölkerung oft drastische negative Folgen. Auch die Umwelt leidet, denn eine ordnungsgemäße Wiederverwertung ist in diesen Regionen nicht gewährleistet. Klappt es mit der Wiederverwertung in Ländern wie Indonesien oder Malaysia nicht, ergibt sich noch ein anderes Problem. Statt in der nicht vorhandenen Recyclinganlage landet deutscher Plastikmüll im Meer mit massiven Auswirkungen auf die Umwelt. Kritiker bemängeln, dass rund 60 Prozent aller Kunststoffabfälle, die in Deutschland angeblich wiederverwertet werden, in den Export gehen. Dies deshalb, weil hierzulande einfach keine Nachfrage nach diesen Materialien besteht.

Downcycling ist noch keine Erfolgsstrategie

Auch für das Recycling von Kunststoffen in Deutschland selbst gibt es 30 Jahre nach dem Start der Mülltrennung noch keine Bestnote. Vielfach können diese nur mehr „downgecycelt“ werden. Das inkludiert große Einbußen bei der Qualität der wiederverwerteten Stoffe und oft lassen sich aus dem Recyclingmaterial nur minderwertige Produkte herstellen und nicht das ursprüngliche Fabrikat. Noch immer steht die Entsorgungsquote im Zentrum und nicht der Sekundärrohstoff, aus dem neue, preislich attraktive und gut nachgefragte Produkte entstehen.

Gutes Zeugnis im EU-Vergleich

Doch bei allen Problemen und Schwachpunkten, die es nach wie vor gibt, ist 30 Jahre deutsche Mülltrennung unbestreitbar ein Erfolgsprojekt. Das zeigt eindrucksvoll der EU-Vergleich. Deutschland liegt in Sachen Mülltrennung mit Platz vier laut einer Studie der Europäischen Kommission mit an der Spitze, wobei es in anderen Staaten noch viel Nachholbedarf gibt. Während hierzulande nahezu keine Abfälle mehr auf Deponien landen, erreicht dieser Wert etwa in Rumänien oder Bulgarien fast 100 Prozent. Beim Recycling ist Deutschland europäischer Spitzenreiter. Werden in der Slowakei oder Litauen nicht einmal fünf Prozent wiederverwertet, liegt dieser Anteil hierzulande bei rund 50 Prozent.

Die neue Verpackungsgesetznovelle, über die wir bereits berichtet haben, soll dem Ganzen noch einmal zusätzlichen Schwung geben. Ein starker Aufschwung wird vor allem von der Vorgabe erwartet, dass PET-Getränkeflaschen ab 2025 zu mindestens einem Viertel aus recyceltem Plastik produziert werden müssen. Viele Hersteller reagieren bereits darauf und sichern sich schon jetzt für das Jahr 2025 recycelte Kunststoffe.