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Kreislaufwirtschaft: Bauprodukte wiederverwenden statt verschwenden

Viele Rohstoffe werden knapp, ebenso Deponieräume. Auch der Klimaschutz zeigt, wie wichtig der sparsame Materialeinsatz im Bauwesen ist. Das Cradle-to-cradle-Prinzip und die Kreislaufwirtschaft als regeneratives System sind hier spannende, wegweisende Entwicklungen.

Bei Ressourcenverschwendung denken viele Menschen vor allem an Plastikmüll und Lebensmittel, die im Abfall landen. Dabei gibt es einen Bereich, der mindestens genauso viel Aufmerksamkeit verdienen würde: In Deutschland werden jedes Jahr viele Millionen Tonnen Bauabfälle und Bauschutt entsorgt, die man recyceln könnte. Eine enorme Verschwendung angesichts der wertvollen Rohstoffe und auch der großen Energiemengen für die Produktherstellung. Denn je bei jedem Bauprodukt, das auf der Deponie landet, gehen gleichzeitig Rohstoffe und Energie verloren. Rund 228 Millionen Tonnen Abbruch- und Bauabfälle erzeugt der Bausektor in Deutschland Jahr für Jahr. Laut Umweltbundesamt entspricht das fast 55 Prozent des gesamten deutschlandweiten Brutto-Abfallaufkommens.

Ernstgemeinter Klimaschutz geht daher über Energiesparen im Betrieb von Gebäuden weit hinaus. Er umfasst auch die ressourcenschonende Planung bzw. Einsatz der Materialien bei Sanierungen sowie bei Um- und Neubauten.

Entsorgung von Bauabfällen wird schwieriger

Immer mehr Bauunternehmen oder Baugenossenschaften stehen bei der Abfallentsorgung vor großen Schwierigkeiten. Rückbauten sind oft nicht so einfach zu bewerkstelligen, weil der Platz auf den Deponien knapp wird. Das gilt insbesondere für die wichtige Deponieklasse 0 für gering belastete mineralische Abfälle. Auch die Kapazitäten für die Klasse 1 für Abfälle mit sehr geringem organischem Anteil sind mancherorts dramatisch zurückgegangen.

Manche Unternehmen weichen bis in die Niederlande aus, um ihre Bauabfälle loszuwerden. Ein problematischer Mülltourismus, der voraussichtlich noch zunehmen wird. Denn der Bauboom geht ungebrochen weiter und stellt die Bau- und Immobilienwirtschaft vor immer noch größere Herausforderungen beim Abfallmanagement. Diese lassen sich nur dann bewältigen, wenn sich der gesamte Prozess von der Planung über die Errichtungen sowie den Betrieb und schlussendlich den Rückbau gemäß einer zirkulären Wertschöpfung funktionieren.

Umweltfreundliche Produktgestaltung im Fokus

Wie das funktionieren kann, ist seit den 1990er Jahren das zentrale Thema der sogenannten Kreislaufwirtschaft (auch Circular Economy). Dieser alternative Wirtschaftsansatz zielt auf eine möglichst lange Nutzung von Rohstoffen ab, während diese beim traditionellen Wirtschaften nur einmal verwendet und dann entsorgt werden. Mit dem 1996 beschlossenen Kreislaufwirtschaftsgesetz ist die Ressourcenschonung in Deutschland auch offiziell die Richtlinie zum Schutz der Umwelt.

Nach dem Kreislaufgedanken ist ein Bauprodukt dann ressourcenfreundlich, wenn es sich die Natur zum Vorbild nimmt. In letzter Konsequenz bedeutet das, dass es zur Gänze biologisch abbaubar und endlos wiederverwertet werden kann. Folgt man dem Cradle-to-cradle-Ansatz (C2C) konsequent, müsste daher jedes Bauprodukt ausschließlich einstofflich sein und ohne auf die in der konventionellen Fertigung üblichen Verbundmaterialien auskommen.

Inzwischen gibt es namhafte Baustoffhersteller wie Rohe oder Busch-Jaeger, die nach C2C produzieren. Und auch das erste nach diesen Prinzipien realisierte Wohnhochhaus Deutschlands soll in der Hamburger HafenCity errichtet werden. Dabei sollen möglichst viele der eingesetzten Materialien wiederverwertet werden. Fast alle Bestandteile des Hochhauses aus Holz und Öko-Beton können nach dem Willen der Planer recycelt werden und in den Kreislauf der Natur zurückkehren.

Damit das bestmöglich funktioniert, muss die zirkuläre Wertschöpfung schon bei der Planung mitbedacht werden. Hier sollte im Fokus stehen, dass eine Immobilie bei ihrem kompletten Rückbau in ihre Einzelteile zerlegt und die Materialien andernorts eingesetzt werden können. Konventionelle Produkte und Bauweisen sehen diese Möglichkeit nicht vor.

Initiativen für ressourcenschonendes Bauen

Um das ressourcenschonende Bauen zu fördern, haben sich Vertreter aus der Immobilienwirtschaft und dem Bauwesen zu einer unabhängigen Allianz zusammengeschlossen: zur re!source Stiftung. Gemeinsam möchte man eine echte zirkuläre Wertschöpfung fördern, die nicht nur nachhaltig und umweltschonend, sondern auch wirtschaftlich ist. Das soll nicht nur durch die sparsame Verwendung von Rohstoffen am Bau erreicht werden. Man will zudem Abfall vermeiden, indem Sekundärrohstoffe effektiv aufbereitet und wiederverwertet werden.

Kataster für verbaute Materialien

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das sogenannte Madaster – ein zentrales, länderübergreifendes Kataster, um in Gebäude verbaute Materialien zu registrieren, zu dokumentieren und zu archivieren. Das soll das Wiederverwenden von Baumaterialien erleichtern und Abfallberge vermeiden. In den Niederlanden, wo Madaster seinen Ursprung hat, sind bereits mehrere Tausend Gebäude registriert. Seit 2021 gibt es das Materialienkataster auch in Deutschland, wo es dringend gebraucht wird. Diese Digitalisierung ist ein wichtiger Schritt, um den Immobilien- und Bausektor fit für die Herausforderungen rund um Energie, Klima und Rohstoffe zu machen.

In Madaster können Eigentümer von Immobilien sowie andere Beteiligte die Daten ihrer Gebäude speichern, verwalten, ergänzen und austauschen. Das Ergebnis ist ein onlinebasierter Materialpass für ein Gebäude. Dieser informiert über die Herkunft, die Qualität und die Lage der eingesetzten Materialien. Er gibt zudem wichtige Aufschlüsse über den Rohstoff-Restwert einer Immobilie, die sich auch für Wertermittlungen oder die Bilanzierung nach HGB nutzen lassen. Madaster ist zudem eine Hilfe beim Verwalten und Verkauf einer Immobilie. Vor allem ist das Kataster eine wertvolle Datenquelle bei der Wiederverwendung von Produkten und Materialien. Madaster existiert außer in Deutschland und in den Niederlanden bereits in Norwegen und in der Schweiz.

Fortschritte beim Recycling von Betonwaren

Auch dann, wenn es um das konkrete Recycling von Baumaterialien und Bauprodukten gibt, zeigen sich Fortschritte. Etwa bei treibhausneutralen Pflastersteinen, die Klima und Ressourcen schonen. Schließlich lässt sich durch den Einsatz von Recycling-Beton der Flächenverbrauch durch den Kiesabbau deutlich verringern. Umweltfreundliche Betonwaren, die mit dem Blauen Engel gekennzeichnet sind, enthalten einen hohen Rezyklat-Anteil und sind zudem ökotoxikologisch unbedenklich.

Der erste Blaue Engel, der Betonwaren mit recycelter Gesteinskörnung auszeichnet, wurde Ende 2021 an die Rinn Beton- und Naturstein GmbH & Co. KG vergeben. Erfüllt wurden die Anforderungen des Umweltzeichens von den Pflastersteinen Lukano Smart und Passee mit einem Rezyklat-Anteil von jeweils 25 Prozent. Außerdem vom Stein Lukano mit einer 40-prozentigen Recycling-Quote sowie von Siliton und Hydropor Lukano, zwei wasserdurchlässigen Pflastersteinen mit einem Rezyklat-Anteil von je 40 Prozent.

Bei der Bewertung floss der gesamte Lebensweg ein, also nicht nur die Produktion selbst, sondern auch die Nutzungsphase sowie die Phase der Entsorgung. Gerade die Freisetzung von Schadstoffen über die Betonwaren beim Kontakt mit Regenwasser oder dem Boden sind ein wichtiges Kriterium und natürlich auch die Versickerungsfähigkeit der Platten und Pflastersteine. Damit soll sichergestellt werden, dass der natürliche Wasserkreislauf möglichst nicht gestört wird. Auch die Vermeidung von Emissionen beim Herstellen und Transportieren der Betonwaren gingen in die Bewertung des Umweltzeichens