Verpackungsgesetz bringt neue Pflichten für den Online-Handel
Die Novelle des Verpackungsgesetzes soll ein besseres und nachhaltigeres Recycling von Verpackungen fördern. Auch Onlinehändler müssen jetzt zahlreiche neue Paragrafen beachten.
Das 2019 eingeführte Verpackungsgesetz ist auch für den Online-Handel enorm wichtig. Im Juli 2021 wurde das Gesetz (kurz „VerpackG) erstmals novelliert. Die neuen Vorschriften schließen Regelungslücken und setzen Vorgaben der EU um. Sie treffen neben dem Lebensmittelhandel vor allem Onlinehändler und Fulfillment-Dienstleister. Beide sind künftig verpflichtet, zu prüfen, ob die Verpackungen der von ihnen vertriebenen Produkte nachweislich lizenziert sind. Für diese neue E-Commerce-Regelung gilt eine einjährige Übergangsfrist bis zum 1. Juli 2022. Ab dann sind die neuen Regelungen verpflichtend.
Kann ein Händler den entsprechenden Nachweis nicht vorweisen, darf der Onlinehändler ebenso wie der Fulfillment-Anbieter dessen Produkte nicht länger anbieten und verkaufen. Auch das Verpacken, die Lagerhaltung, der Versand und andere Dienstleistungen sind dann untersagt. In der Praxis bedeutet das, dass der Vertrieb für alle nicht nachweislich lizensierten Produkte verboten ist.
Pflichten gehen vom Fulfillment auf den Händler über
Damit wird ab dem Sommer 2022 auch mit einer das Fulfillment betreffenden Ausnahme Schluss sein. Fulfillment-Anbieter sind ab dem 1. Juli 2022 für die von ihnen befüllten Versandverpackungen ausdrücklich nicht mehr lizenzierungspflichtig. Die Pflicht, das Verpackungsgesetz zu erfüllen, geht dann immer auf den beauftragenden Händler über.
Die neuen Regelungen im Zuge der Novelle gelten auch für ausländische Onlinehändler, die ihre Waren an deutsche Konsumenten verschicken. Damit sind jetzt große und international agierende Marktplätze ebenfalls in der Pflicht, entsprechende Kontrollen durchzuführen. Auch internationale Fulfillment-Anbieter unterliegen den verschärften Regelungen.
Fulfillment nur mehr für registrierte Händler
Für das Fulfillment bedeutet das eine Art Systemwechsel. Derzeit sieht die Rechtslage folgendermaßen aus: Ein Verkäufer ist nur dann zur Systembeteiligung und Registrierung verpflichtet, wenn er auf der Verpackung außen zu erkennen ist. Ist das nicht nur Fall und ist auch der Versanddienstleister nicht erkennbar, dann ist der Versanddienstleister in der Pflicht. Ab dem 1. Juli 2022 dürfen Fulfillment-Anbieter ihre Services nur unter einer bestimmten Bedingung erfüllen: Die Lagerhaltung, die Verpackung, das Adressieren und Versenden von Waren, die nicht in ihrem Eigentum stehen, ist nur mehr für ordnungsgemäß registrierte Händler zulässig. Wer als E-Commerce-Händler die Dienste eines Fulfillment-Dienstleisters nutzt, muss seinem Geschäftspartner nachweisen, dass er gesetzeskonform registriert ist und seine Pflichten hinsichtlich Systembeteiligung erfüllt.
Die vom Gesetzgeber in § 7 Abs. 7 des Verpackungsgesetzes vorgesehene Änderung betrifft einen weiteren wichtigen Punkt. Er legt fest, dass immer der als Hersteller gilt, in dessen Auftrag der Fulfillment-Anbieter Produkte in systembeteiligungspflichtige Versandverpackungen verpackt. Damit konkretisiert der Gesetzgeber das Prinzip der Herstellerverantwortung, das dem Verpackungsgesetz zugrunde liegt. Hersteller ist also immer derjenige, für den der Dienstleister das Fulfillment erledigt. Damit werden Onlinehändler weit stärker in die Pflicht genommen, als das bislang der Fall war.
Informationspflicht für Transportverpackungen
Eine weitere Neuerung der Novelle betrifft Transportverpackungen. Dafür ist seit dem 3. Juli 2021 eine neue Informationspflicht in Kraft. Demnach muss der Händler den Endverbraucher durch „geeignete Maßnahmen in angemessenem Umfang über die Rückgabemöglichkeit und deren Sinn und Zweck informieren“.
Weitere Neuregelungen betreffen vor allem den Lebensmittel- und Getränkehandel. So wird etwa ab Jahresbeginn 2022 die Pfandpflicht ausgeweitet auf Getränkedosen und auf alle Getränkeeinwegflaschen aus Kunststoff. Hier macht die Verpackungsverordnung Schluss mit vielen Ausnahmen bei Flaschen und Dosen, für die nicht die Pfandpflicht galt. Das Ziel ist eine deutliche Ausweitung der Rücknahmequote.
Verpackungen für Milcherzeugnisse und Milch sollen bis 1. Januar 2024 folgen. Gastronomen müssen ab Jahresanfang 2023 bei To-Go-Speisen und -Getränken eine Mehrwegvariante anbieten. Einweggetränkeflaschen müssen ab 2025 mindestens zu einem Viertel aus Recyclingkunststoffen erzeugt werden.
Was sich bei Serviceverpackungen ändert
Das Verpackungsgesetz kennt mehrere Verpackungsarten. Serviceverpackungen wie etwa Brötchentüten vom Bäcker dürfen auch vom Vorvertreiber lizenziert werden. Im Onlinehandel geht es vor allem um Verkaufsverpackungen und Umverpackungen wie zum Beispiel Versandkartons. Die Novelle des Verpackungsgesetzes sieht vor, dass der Händler die Registrierungspflicht nicht mehr dem Vorvertreiber überlassen kann. Er muss sich selbst beim Verpackungsregister LUCID registrieren, und zwar selbst dann, wenn sich der Vorvertreiber um die Lizenzierung kümmert. Diese Änderungen rund um die Registrierung von Serviceverpackungen werden am 1. Juli 2022 in Kraft treten.
Dieses Datum ist für den Online-Handel besonders wichtig. Die Registrierungspflicht LUCID galt ja bislang nur für systembeteiligungspflichtige Verpackungen. Nun trifft sie alle Verpackungshersteller: von der Transportverpackung über die Einwegverpackung mit Pfandpflicht bis hin zur Mehrwegverpackung. Das genannte Vertriebsverbot dürfte ebenfalls viele treffen, wenn wirklich alle Verpackungen nur mehr von ordnungsgemäß registrierten Herstellern in Verkehr gebracht werden dürfen.
Auch Amazon und Ebay müssen sich umstellen
Ab dem 1. Juli 2022 kommt auch auf Amazon, Ebay und andere elektronische Marktplätze eine größere Verantwortung zu. Gerade der Focus auf Onlinehändler mit Sitz im Ausland soll dem Verpackungsgesetz zu einer größeren Schlagkraft verhelfen. Die Marktplätze dürfen künftig nicht mehr ermöglichen, dass Verpackungen zu Verkauf angeboten werden, wenn ein Hersteller über keine ordnungsgemäße Registrierung verfügt. E-Commerce-Händler werden also voraussichtlich beim Marktplatz ihrer Wahl nachweisen müssen, dass sie beim Verpackungsregister LUCID registriert sind. Ist das nicht der Fall, wird das in Zukunft den Verkauf unterbinden. Dafür werden die Betreiber der Marktplätze sorgen, die bei Verstößen mit empfindlichen Bußgeldern in bis zu sechsstelliger Höhe rechnen müssen.
Nachweispflicht bei Transportverpackungen
Ein weiterer Stichtag ist der 1.1.2022: Ab dann gilt die Nachweispflicht über Transportverpackungen, die im jeweils vorangegangenen Kalenderjahr in Verkehr gebracht und zurückgenommen wurden. Dieser Nachweis muss nach Masse und Materialart aufgeschlüsselt sein und der zuständigen Landesbehörde auf Nachfrage vorgelegt werden.
Es geht hier um Verpackungen wie etwa Paletten, die die Vertreiber und Hersteller zurücknehmen müssen, um sie anschließend ordnungsgemäß zu entsorgen. Bislang waren vom Rücknahmenachweis nur Verpackungen schadstoffhaltiger Füllgüter und systemunverträgliche Um- und Verkaufsverpackungen betroffen.
Der Gesetzgeber verlangt bei nicht systembeteiligungspflichtigen Transportverpackungen die Einrichtung von Mechanismen zur Selbstkontrolle zur Bewertung der Vollständigkeit und Richtigkeit der Dokumentation. Das trifft typischerweise Großverpackungen und Paletten, die die Handhabung und den Transport erleichtern. Der Gesetzgeber gibt jedoch nicht an, wie das konkret umgesetzt werden soll und überlässt die Verantwortung dem Wirtschaftstreibenden.
Keine Änderungen beim Dropshipping
Die Änderungen rund um die Novelle des Verpackungsgesetzes und das Fulfillment treffen übrigens nicht das Dropshipping. Dabei geht die Ware regelmäßig ab Werk des Herstellers an den Onlinehändler. Für den Gesetzgeber spricht man von Fulfillment nur unter den folgenden Voraussetzungen: Entsprechende Anbieter müssen demnach mindestens zwei der folgenden Services für den Händler anbieten - die Lagerhaltung, das Verpacken, die Adressierung und das Versenden von Waren, die nicht in ihrem Eigentum stehen.