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Plastik am Hof: Trends beim Abfallhandling in der Landwirtschaft


Plastik und Landwirtschaft gehören heute untrennbar zusammen. Kunststoffe erlauben den Anbau von Gemüse und Obst zu jeder Jahreszeit. Das gilt nicht nur für Gewächshäuser und Gewächstunnel aus Plastik, sondern vor allem für das Mulchen mit Folien, das die Entwicklung von Unkraut unterdrückt und die Verdunstung verringert. Auch in Bewässerungsanlagen kommen häufig Kunststoffe zum Einsatz. 
Optisch für jeden zu erkennen, ist der Plastikeinsatz mit Silageballen, die das Tierfutter auf dem Feld vor der Witterung schützen und die für die Gärung nötige anaerobe Atmosphäre schaffen. Nicht zuletzt brauchen Landwirte große Mengen an Kisten und Boxen für die Lagerung und den Transport der Ernte sowie Stützen und Netze für Pflanzen im Gewächshaus. Diese Betriebsmittel summieren sich mit anderen Erntekunststoffen pro Jahr auf viele Tausend Tonnen Plastikmüll.

Verbrennen oder Recyceln?

Die meisten Landwirte bringen ihre gebrauchten Folien entweder selbst zum Entsorger oder sammeln sie in einem Container, der regelmäßig abgeholt wird. Das geht ins Geld und kann schon mal bis zu 200 Euro pro Tonne plus MwSt. kosten. Die Plastikabfälle gelangen dann in die Verbrennung. Seit einigen Jahren gibt es dazu mit dem Rücknahmekonzept „ERDE“ der IK Industrievereinigung Kunststoffverpackungen e.V. eine Alternative in Form eines Netzes von Sammelstellen. Hier können grob gereinigte Agrarfolien preisgünstig abgegeben werden. Sie gehen in das Recycling und werden zu verschiedenen Kunststoffprodukten weiterverarbeitet. Mittlerweile gibt es bundesweit flächendeckend Sammelstellen, die unter anderem von Entsorgungsbetrieben, Maschinenringen und Landhändlern angeboten werden. In Regionen, die weniger dicht besiedelt sind, holt man die Folien direkt vom Hof ab. 
Die Angabe ist für die Landwirte im Vergleich zur energetischen Verwertung deutlich günstiger. Die Ersparnis liegt im Schnitt bei 40 Prozent im Vergleich zur Sammlung für die Verbrennung. 

Ginge es auch ohne Plastik?

Gerade bei Siloballen sucht die Wissenschaft seit Jahren nach kunststofffreien Alternativen, die in Sachen Luftdichtheit, Reißfestigkeit und einfacher Benutzbarkeit mit der Plastikvariante mithalten können. Als Lösung zeichnet sich aktuell eine auf nachwachsenden Rohstoffen wie etwa Pflanzenölen basierende Naturfolie ab. Diese lässt sich direkt auf die Silage aufspritzen, wo sie aushärtet und so das pflanzliche Material abdichtet. Die natürliche Alternative erweist sich als sehr stabil und haltbar. Ihr besonderer Vorteil: Sie lässt sich einfach mitverfüttern.
Auch beim Mulchen gibt es vielversprechende Lösungsansätze. So hat etwa das Straubinger Technologie- und Förderzentrum (TFZ) ein aus Stärke, Wasser und Rapsöl bestehendes Mulchmaterial entwickelt. Das Verfahren ohne Einsatz von Folienmüll steht allerdings noch am Anfang und benötigt bis zur Praxistauglichkeit wohl noch einige Versuchsjahre.

Immer mehr Plastik im Boden

Wie wichtig hier eine umweltschonende Lösung ist, zeigt die besorgniserregende Tatsache, dass auch landwirtschaftliche Böden mit immer mehr Plastik verunreinigt sind. Dieses Problem ist jedoch weit weniger medial präsent als die Kunststoff-Verureinigung der Weltmeere. Dabei sind die Plastikeinträge in unsere Böden noch deutlich größer. Laut Expertenschätzungen liegen hier um das 4- bis 32-fache der Kunststoffmenge, die man in den Meeren findet. 
Für die Landwirtschaft ist das mehr als bedenklich, da die Kunststoffpartikel inklusive der darin gebundenen Schadstoffe schlussendlich in die Anbauprodukte und damit in unsere Nahrungskette gelangen. Zudem beeinträchtigt das Plastik die in den Ackerböden vorkommenden Organismen in einer Weise, die noch nicht genau erforscht ist. Auch was die Plastikmenge in den Böden angeht, gibt es noch große Wissenslücken. Bislang existieren noch keine standardisierten Analyseverfahren zur Bestimmung des Umfangs der gespeicherten Plastikpartikel. 

Ein Kilogramm Mikroplastik je Hektar

Eine Studie des Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) schätzt den jährlichen Plastikeintrag in deutsche Ackerböden auf rund ein Kilogramm je Hektar. Dieser gelangt etwa aus dem mit Mikroplastik versetzten Klärschlamm der Abwasserreinigung in den Acker, wenn dieser damit gedüngt wird. Auch Komposte, die zur Bodenverbesserung als Dünger dienen, tragen dazu bei. Diese Verunreinigungen stammen meist aus Fehlern bei der Entsorgung, wenn etwa verpackte Lebensmittel oder Kunststoffbeutel in der Biotonne landen. Auch das sogenannte Littering, also achtlos weggeworfener Abfall, erhöht den Plastikanteil auf landwirtschaftlichen Nutzflächen. Langzeitdünger mit ihren künstlichen Polymerhüllen, die die Nährstoffe nur langsam abgeben, sind ebenfalls problematisch. Weitere Einträge stammen aus Siloballen, Folien, Pflanzhilfen oder etwa aus umhülltem Saatgut.
Dieses Problem trifft leider auch landwirtschaftliche Betriebe, die weitestgehend plastikfrei agieren. Das zeigt eindrucksvoll eine an der Universität Bayreuth durchgeführte Studie. Demnach war ein Acker auch dann deutlich mit Mikro- und Makroplastik kontaminiert, wenn weder dort noch in den benachbarten Flächen mit Kunststoffemissionen gearbeitet wurde. Pro Hektar fand man die enorme Menge von mindestens 150.000 Kunststofffragmenten. Woher diese zahlreichen Partikel stammen, lässt sich laut den Forschern nicht eindeutig feststellen.