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Umdenken bei Bauschutt: von der ungeliebten Last zum wertvollen Rohstoff


Nach wie vor werden tonnenweise Bauschutt durch die Bundesrepublik gefahren, um als Abfall entsorgt zu werden. Dabei kann aus Abrissmaterial wertvolles neues Baumaterial entstehen.

Bauschutt nicht als Abfallprodukt zu sehen, sondern als Rohstoff mit Potenzial, ist hierzulande noch immer eher die Ausnahme als die Regel. Doch der Trend beginnt sich zu drehen. Denn für die an Rohstoffmangel leidenden Bauindustrie werden Wiederverwendung und nachhaltiges Bauen zunehmend wichtiger. Was lange Zeit nichts anderes als lästiger Abfall war, wird heute immer öfter als Reservoir für Neues gesehen.

Die „Lieferanten“ mineralischer Abfälle sind zahlreich und reichen vom Tiefbau von Bahn, Straßen und Häusern bis hin zum Hochbau. Dabei fallen enorme Massen an Bauresten an. Diese bilden den wohl gewaltigsten Strom an Rohstoffen in Deutschland. Experten schätzen, dass jeder dritte Lastkraftwagen auf bundesdeutschen Straßen Bauschutt bzw. mineralische Rohstoffe transportiert. Allein im Freistaat Bayern fallen pro Jahr mehr als 50 Millionen Tonnen an Bau- und Abbruchabfällen an. Das zeigt beispielhaft die Dimension auf, die Bauschutt im gesamten Abfallgeschehen hat. 

Als Alt- wird Frischbeton

Das Recycling von Altbeton ist in technischer Hinsicht heute kein Kunststück mehr. Er wird zerkleinert, sortiert sowie gewaschen und kann anschließend für die Erzeugung von frischem Beton verwendet werden. Der Einsatz von Recyclingbeton ist zwar herausfordernd, aber auch lohnend. Damit lassen sich vor allem Primärrohstoffe einsparen. Zugleich ist die Wiederverwertung ein Rezept, um mit Engpässen bei der Entsorgung von Bauschutt umzugehen. Der Bauboom der vergangenen Jahre hat es mitunter schwierig gemacht, diesen zeitgerecht wieder loszuwerden. 

Nachhaltiges Bauen im Trend

Dass all diese Faktoren vermehrt in den Blick wichtiger Akteure rücken, hat etwa die Münchner Umwelttechnologiemesse IFAT 2022 eindrucksvoll gezeigt. Nachhaltiger Straßenbau sowie der Abbruch und Rückbau von Gebäuden waren hier zentrale Themen. Ein eigener Schwerpunkt widmete sich dem Baustoffrecycling. Workshops setzten sich unter anderem mit den Einsatzmöglichkeiten von Sekundärbaustoffen oder dem Einsatz und der Zertifizierung von Sekundärbaustoffen auseinander.
Die Experten des Umweltclusters Bayern bringen die Umwälzungen auf den Punkt. Sie sehen Sekundärbaustoffe als wichtiges, zukunftsweisendes Baumaterial und bemängeln gleichzeitig das derzeit noch unzureichende Recycling in Deutschland. Zudem würden diese Wertstoffe meist nur im Straßenbau als Füllmasse verwendet, was dem in Bauabfällen schlummernden Potenzial nicht gerecht werde. Der Umweltcluster fordert daher für das gesamte Bauwesen ein Umdenken. Abbruchreife Häuser sollten demnach nicht einfach als eine Abfallmenge gesehen werden, sondern als Quelle für wertvolle Ressourcen. Als besonders wichtig wird dabei der Blick auf den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes erachtet – von der Planungsphase über die Errichtung bis hin zur Nutzung und schlussendlich dem Rückbau.

Wir werden immer nachhaltiger bauen

Der Weg in die Zukunft scheint also vorgezeichnet. Wir werden immer nachhaltiger bauen und Bauschutt immer intelligenter wiederverwerten. Doch der Weg in diese abfalloptimierte Zukunft ist noch weit und der Energiehunger der Bauwirtschaft enorm. So entfallen derzeit etwa fünf Prozent des globalen Energieverbrauchs und zehn Prozent der weltweit anfallenden CO₂-Emissionen auf die Baustoffproduktion. Neue Gesetze und eine Kreislaufwirtschaft sollen das ändern.

Warten auf die Mantelverordnung

Große Hoffnungen werden dabei vor allem in die neue Mantelverordnung gesetzt. Dieser Rechtsrahmen soll in Deutschland ab dem 1. August 2023 in Kraft treten und erstmals bundeseinheitliche Regelungen für das Verwerten von mineralischen Abfällen bringen. 
Wohin der damit eingeschlagene Weg weiterführen könnte, zeigt das Beispiel Österreich. Hier ist man dank der bereits 2016 in Kraft getretenen bundeseinheitlichen Recycling-Baustoffverordnung schon einen Schritt weiter. Mittlerweile setzt man in der Alpenrepublik bereits großflächig Recyclingbaustoffe ein, die angesichts einer regen Bautätigkeit (und Abrisstätigkeit) reichlich vorhanden sind. Entsprechen geringer ist die Menge der Bauabfälle, die auf den Deponien landen. Die Recyclingquote bei Baustoffen beträgt in Österreich inzwischen fast 90 Prozent und ist damit europaweit eine der höchsten. Auch die Zahl der stationären Aufbereitungsanlagen kann sich sehen lassen. Inzwischen existieren österreichweit mehr als 150 derartiger Anlagen, die für die Kreislaufwirtschaft bei mineralischen Materialien gerüstet sind. Ein großes Verbesserungspotenzial gibt es allerdings noch beim Abraum etwa aus den vielen Tunnelbauprojekten oder dem simplen Kelleraushub. Hier gehen noch immer viele Tonnen an Baustellenaushüben für die Verwertung verloren. 

Fazit:

Baustoffrecycling ist in Deutschland zwar ein wichtiges Thema, das in der Branche auch ernst genommen wird, doch noch sind die Hürden für die Beteiligten groß. Bautechnische Probleme, wirtschaftliche Überlegungen und Umweltaspekte sorgen dafür, dass das Potenzial dieser Rohstoffe noch nicht ausreichend genutzt wird. Ob sich das durch die Mantelverordnung im Jahr 2023 ändern wird, steht noch in den Sternen. Die bundesweit einheitlichen Regelungen werden zumindest mehr Klarheit schaffen. Noch kann jedes Bundesland etwa seinen Umgang mit Aushubmaterialien individuell regeln. Künftig wird es bundesweit Vorgaben geben, ob diese auf die Deponie kommen oder als Abfall behandelt werden müssen. Das klare Regelwerk einer Mantelverordnung ist zumindest eine Basis, um künftig im Recyclingprozess mehr qualitativ hochwertige Produkte zu erhalten.