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Biologische Kunststoff-Müllbeutel sind schlechter als ihr Ruf


Bio-Müllsäcke liegen im Trend, doch sie sind nicht automatisch gut für die Umwelt, wie aktuelle Forschungen zeigen.

Umweltfreundliche Müllbeutel gelten als Alternative zu herkömmlichen Plastiktüten. Sie bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen wie Mais, Kartoffeln oder Zuckerrohr und sollen sich schneller zersetzen als herkömmliche Plastiktüten, die in der Natur zu Mikroplastik zerfallen können. Immer mehr Verbraucher setzen daher auf organische Müllsäcke. Doch die Umweltbilanz der Bio-Beutel ist nicht so gut, wie häufig angenommen wird. Probleme gibt es vor allem mit den vielen am Markt erhältlichen Produkten, die als "heimkompostierbar" gekennzeichnet sind. Allerdings sind diese Materialien möglicherweise nicht so nachhaltig, wie sie zunächst scheinen.

Zertifizierung und Normen

Biologisch abbaubare Plastiktüten sind in der Regel mit einem europaweiten Siegel versehen, das ihre Kompostierbarkeit zertifiziert. Gemäß den Prüfkriterien dieses Siegels müssen die Kunststoffe nach zwölf Wochen bei 60 ° Celsius zu 90 Prozent desintegriert, also zerfallen sein in Teile, die kleiner als 2 mm sind. Damit gilt das Ganze begrifflich noch immer als Mikroplastik. Nach maximal sechs Monaten (bei 60 ° Celsius) müssen kompostierbare Kunststoffe nahezu vollständig abgebaut sein.

Probleme in der Praxis

Die Kompostierbarkeit von biologisch abbaubaren Plastiktüten wird jedoch unter idealen Laborbedingungen getestet, die oft nicht mit den realen Bedingungen in den Anlagen der Abfallwirtschaftsbetriebe übereinstimmen. In vielen industriellen Kompostierungsanlagen hat der Biomüll nur vier Wochen Zeit, um sich zu zersetzen. Das ist oft zu kurz für den Abbau der Bio-Tüten und führt dazu, dass sich diese am Ende des Kompostierungsprozesses nicht vollständig zersetzt sind und als Störstoffe im Kompost verbleiben.

Die Kompostierung zu Hause ist problematisch

Auch wer zu Hause kompostiert, ist vor Problemen nicht gefeit. Darauf weisen Studien hin, die die Nachhaltigkeit der Biotüten wissenschaftlich untersuchten. So führten etwa Forscher des University College London eine Untersuchung mit Tausenden von britischen Verbrauchern durch. Die Studie ergab, dass ein Großteil der als biologisch abbaubar gekennzeichneten Kunststoffe im Kompost nicht vollständig zersetzt wird. Reste des Plastiks gelangen so in den Boden. Das umfangreiche Experiment zur Kompostierbarkeit von Kunststoffen erfolgte unter der Leitung von Danielle Purkiss vom Department of Civil, Environmental and Geomatic Engineering. Es nahm den Entsorgungsweg abbaubaubarer Kunststoffbeutel genau unter die Lupe. Dabei zeigte sich, dass fehlende Klarheit in der Kennzeichnung häufig zu einer fehlerhaften Entsorgung führt. An diesem umfangreichen Experiment waren 9700 Teilnehmer beteiligt. Diese wurden gebeten, ihre organischen Müllbeutel zu Hause zu kompostieren und die Ergebnisse zu dokumentieren. Die britischen Forscher sammelten über einen Zeitraum von zwei Jahren entsprechende Daten, um herauszufinden, wie effektiv die organischen Müllbeutel tatsächlich kompostiert wurden. Dabei wurden auch die Meinungen und das Verhalten der Teilnehmer zum Thema "kompostierbare Kunststoffe" erfasst.

Die Ergebnisse: Verwirrung und Unwissenheit

Die Studie belegt, dass viele Teilnehmer Probleme mit der Identifizierung der organischen Müllbeutel hatten. Eine Stichprobe von 50 Fotos ergab, dass 46 Prozent der Beutel nicht als "heimkompostierbar" und weitere 14 Prozent als "industriell kompostierbar" gekennzeichnet waren. Die Forscher stellten fest, dass es an einer klaren Kennzeichnung von organischen Müllbeuteln mangelt, was zu Verwirrung und Fehlentsorgung führen kann. Besonders problematisch: Rund 60 Prozent der als "heimkompostierbar" gekennzeichneten Kunststoffe wurden bei der häuslichen Kompostierung nicht vollständig zersetzt. Das wiederum führt schlussendlich dazu, dass das Plastik in die Erde gelangt und diese verunreinigt. Zudem setzen biologisch abbaubare Plastiktüten hauptsächlich Kohlendioxid frei. Die entstehenden Reste bestehen aus dem Treibhausgas plus Wasser und mineralischen Zusatzstoffen. Humusbildende Materialien, die das Ziel einer Kompostierung sind, werden nicht erzeugt. Die Heimkompostierung schadet der Umwelt also mehr als sie ihr nützt. Die britische Studie gilt als eindeutiger Beleg für die Ineffizienz der unkontrollierten Heimkompostierung bei biologisch abbaubaren Kunststoffen.

Umweltbundesamt empfiehlt Mehrfachnutzung

Entsprechend fällt das Fazit des Umweltbundesamts (UBA) zu abbaubaren Kunststoffsäcken aus. Laut den Experten des UBA bieten diese keine Vorteile im Vergleich zu Verpackungen aus konventionellen oder biobasierten Kunststoffen. Sinnvoller sei die mehrfache Nutzung oder Verwertung von stabilem und beständigem Material.

Fazit:

Biologisch abbaubare Müllbeutel sind nur auf den ersten Blick eine ökologische Alternative zu herkömmlichen Plastiktüten. Die Idee ist durchaus verlockend: Sie werden nach Gebrauch einfach auf dem Komposthaufen entsorgt, ohne dass sie die Umwelt in der gleichen Weise belasten wie herkömmliche Plastiktüten. Die tatsächliche Umweltfreundlichkeit dieser Produkte wird allerdings oft überschätzt. Anstatt sich auf die Verwendung von organischen Müllbeuteln zu verlassen, sollten Verbraucher daher besser auf Wiederverwendung und korrektes Recycling setzen, um Plastikmüll und